1995 trat Alexander, den ich aus meiner Zeit beim Jugendsinfonie Orchester Hessen kannte, an mich heran.
Alex wollte im Wintersemester nach England gehen um Kontrabass zu studieren und hatte den Plan vorher noch ein gross angelegtes Abschiedskonzert mit seiner Ex-Band Löwenzahn (in der er übrigens Gitarre spielte) zu veranstalten. Da der Schlagzeuger nicht mehr am Ort weilte, suchten sie einen Ersatz und so fragte er mich, ob ich nicht Lust dabei zu trommeln.
Im Rückblick klingt die Idee wirklich ziemlich unattraktiv. Es ging darum einen ganzen Sommer lang zu proben und dafür jedesmal nach Gunterblum in Rheinhessen zu fahren, wobei man aus Darmstadt dafür entweder die Fähre über den Rhein nehmen (4,50 DM) oder einen 20km Umweg über Worms hinnehmen musste. Am Ende sollte dann ein einzelnes Konzert stattfinden, bevor die Band wieder aufgelöst wurde. Warum um alles in der Welt sollte man das machen?
Ich sagte zu.
Im Weingut der Eltern des Bassisten Christian probten wir einer Scheune, in der es hallte wie Sau, neben der Aufbereitung alter Songs wurden auch jede Menge neue geschrieben.
Als besondere Attraktion sollte Löwenzahn (bescheuerter Name, ich weiss) um die schönsten Männer der Welt bereichert werden, eine Horn-Section bestehend aus Sax, Trompete, Posaune und (!)Tuba. Die Posaune viel aus mir nicht mehr bekannten Gründen von vorne rein aus und der Tubist hatte am gleichen Abend noch einen anderen Gig, so dass er erst ab der zweiten Hälfte des Konzerts zur Verfügung stand.
Zu allem Überfluss hatte ich auch noch für den Folgetag des Konzerts ein (unbezahltes) Orchesterkonzert in Lippstadt in Westfalen zugesagt, für dass ich am nächsten Morgen um 7:00 aufstehen musste, so dass ich die gross angelegte Aftershow-Party in Christians sturmfreier Bude noch nicht mal auskosten würde.
Offensichtlich war ich damals sehr entspannt und habe mich in meine Schicksal gefügt, jetzt würde ich bei derart wiedrigen Umständen einfach mal die Vollkrise bekommen.
Das Konzert selbst war ein voller Erfolg, es waren ca. 150 Leute nur wegen der Band in den Laden gekommen. Aus irgendeinem Grund hatte man mich auch noch zum Moderator der Show gemacht, so dass ich den vollen Ruhm des Rampenlichts erhielt.
Die After-Show-Party war nicht ganz so spektakulär, in meiner Erinnerung gruppierten sich ca. 10 Männer um die einzige anwesende Dame, so dass mir der Abschied Richtung Darmstadt nicht so schwer viel.
Wir trafen uns noch einmal ein halbes Jahr später um drei Songs aufzunehmen, im Proberaum einer gut ausgestatteten Band spielten wir mit der egentlichen Band (d.h. ohne Bläser) live drei Songs ein. Allerdings waren diese anschließend aus irgendeinem Grund nicht auf der Kassette, so dass als Erinnnerung nur die schlecht gemischten Live-Aufnahmen zur Verfügung stehen.
Die will ich aber nicht vorenthalten, auch wenn der Bass fast nicht hörbar dafür Gitarre und Bass-Drum viel zu laut sind, daher habe ich drei Stücke ausgewählt:
Surf Rider ein Cover von The Lively Ones, bekannt aus Pulp Fiction
Bad Lover, lockerer Reggae mit schönem Trompeten-Solo
(She’s A Little Bit) Crazy, Rock mit Bläser-Unterstützung